Wer bloggt?

Ich, das ist Theresa, mittelgroß, mittelblond, Mitte 30. Und nach gefühlten 280 Jahren tatsächlich auch mit Doktorhut dekoriert. Ihr Dissertationsthema drehte sich um die Frage, wie bestimmte Transkriptionsfaktoren, d.h. Proteine, die an die DNA binden und dort die Aktivität vieler anderer Gene steuern können, dazu beitragen, dass sich während der Embryonalentwicklung funktionsfähige Nervenzellen bilden.

Nach der Befruchtung beginnt sich eine Eizelle zu teilen und bildet erstmal einen Zellhaufen, in dem zunächst alle Zellen gleich aussehen. Doch irgendwann nach weiteren Teilung und Verschiebungen ist plötzlich eine rudimentäre Körpergestalt zu erkennen. An einem Ende bildet sich ein Kopf, am anderen eine Art Schwanz. Die Zellen entwickeln sich zu verschiedenen Typen, die später an bestimmten Positionen im Körper bestimmte Funktionen ausüben: eine beta-Zelle der Bauchspeicheldrüse beispielsweise produziert Insulin, während eine Hautzelle zu unserer äußeren mechanischen und chemischen Schutzschicht beiträgt. In der (Entwicklungs)biologie nennen wir diesen Prozess, in dem aus Stammzellen Zellen verschiedener Gewebetypen entstehen, Differenzierung.

Und auf diesem Weg, im Falle meiner Dissertation eben bei der Differenzierung von einer Stammzelle zu einem reifen Neuron, begegnet die Zelle verschiedensten Einflüssen, die sich aufgrund ihrer Position im Embryo ergeben. Nachbarzellen schicken beispielsweise ganz bestimmte Signalstoffe, die in der Zielzelle auf Rezeptoren treffen: das sind Proteine, die durch die Zellmembran durchragen und außen auf die Präsenz eines Signalstoffes reagieren woraufhin sie in der Zelle eine Antwortreaktion auslösen. Diese Antwort führt dann meist dazu, dass Transkriptionsfaktoren aktiviert werden, die wiederum andere Gene ein- oder ausschalten können. Diese anderen Genen können nun sehr spezifisch für einen bestimmten Zelltyp sein; im Falle der beta-Zellen zum Beispiel das Gen für Insulin.

In meiner Dissertation habe ich mich auf die Rolle eines ganz bestimmten Transkriptionsfaktors konzentriert, Brain-specific Homeobox (Bsx). Wie der Name schon sagt, wird das Bsx Gen nur im Gehirn abgelesen. Was es mit der „Homeobox“ und mit den Funktionen von Bsx auf sich hat, könnt ihr in diesem Artikel im Detail nachlesen.

Das Zusammenspiel von Transkriptionsfaktoren während der Differenzierung zu verstehen kann beispielsweise hilfreich sein, wenn es darum geht Menschen zu behandeln, bei denen Nervenzellen absterben. Die ersten Symptome der Parkinson Krankheit treten erst auf, wenn bereits mehr als 70% aller Dopamin produzierender Neurone im Mittelhirn abgestorben sind. Entgegen noch weit verbreiteten Überzeugungen sind Stammzellen hingegen mittlerweile relativ einfach, kostengünstig und ohne ernst zu nehmende ethische Bedenken zu generieren. So ist es seit einigen Jahren zB möglich, bereits fertig differenzierte Hautzellen “rückzuprogrammieren” bis sie von embryonalen Stammzellen nicht mehr zu unterscheiden sind (mehr dazu hier). Somit können von jedem beliebigen Patienten jedweden Alters Stammzellen erzeugt werden. Zudem hat der Mensch (obwohl dies lange Zeit nicht geglaubt wurde) lebenslang einige Stammzellpopulationen im Gehirn (sowie im Übrigen auch in allen anderen Organen), aus denen neue Nervenzellen entstehen können. Stammzellen also, unabhängig ihrer Herkunft, gezielt zu dopaminergen Neuonen entwickeln zu lassen, hat demnach eine gewaltige klinische Bedeutung.

Wissenschaftler in den biomedizinischen Bereichen müssen meist ein Forschungsmodell wählen, da sich der Mensch, als Objekt auf das sich das Hauptinteresse bezieht, nur sehr eingeschränkt untersuchen lässt. Mein Modell der Wahl war der Zebrafisch, der von lateinaffinen Zoologen auch Danio rerio genannt wird und der seit geraumer Zeit zu einem der beliebtesten Labortiere von Genetikern und Entwicklungsbiologen geworden ist. Das liegt unter anderem daran, dass Zebrafische mit sehr hohe Nachkommenzahlen punkten können; ein motiviertes Zebrafischpäärchen legt an einem Morgen gerne mal 500 Eier. Auch die Eiablage macht die Arbeit (zunächst das Einsammeln) für den Embryologen einfach. In einem Säugetier sind die Eier bzw. Embryonen sehr viel schlechter zugänglich. Zudem sind Zebrafischeier relativ groß, was es leicht macht, sie (genetisch) zu manipulieren und der Embryo, der sich aus dem Ei bildet, hat innerhalb weniger Tage fast alle Organe vollständig ausgebildet. Das wohl großartigste an diesen kleinen Zebrafischlarven ist allerdings, dass sie sehr lange völlig transparent bleiben. Mikroskopische Aufnahmen der entwickelnden Organe in den lebenden Larven über längere Zeiträume sind daher nicht nur möglich, sondern Standard in der Zebrafisch-Entwicklungsbiologie.

Neben Genen und Zebrafischen interessiert sich Theresa besonders für Grenzbereiche zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Dies reicht von populärwissenschaftlichem Schreiben, über Wissenschaftstheorie und ethische Komponenten aktueller biologischer und biotechnologischer Forschung hin zu Berührungspunkten zwischen Wissenschaft und Kunst. Wer Lust hat mit Theresa über irgendeines dieser Themen in Austausch zu treten, idealerweise bei koffeinhaltigen Heißgetränken oder auch – etwaigen geographischen Differenzen geschuldet – via moderner Kommunikationsmethoden, solle sich doch bitte mit ihr in Verbindung setzen.

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